Hinweise von Heuschrecken

Aus naturschutzfachlicher Sicht sind Heuschrecken beste Ratgeber - man muss nur ihre Hinweise verstehen! Für uns Tierökologen sollte das eigentlich kein Problem sein, die Zeichen zu verstehen. Die Gruppe der Heuschrecken besteht bei uns aus einer überschaubaren Zahl von Arten und deren Ökologie ist hinreichend genau untersucht. Trotzdem nehmen die Individuendichten dramatisch ab.

Erfassung, Kartierung und Bewertung von Heuschreckenbeständen gehört zu unserem Standard-Repertoire. Wichtig ist neben einer guten Artenkenntnis und der Kenntnis der arttypischen Gesänge der Männchen auch das Wissen über die tierökologischen Besonderheiten der einzelnen Arten.

Bei zwei für den Artenschutz besonders bedeutsamen Arten hatten wir Gelegenheit, Entwicklungen in den Populationen über mehrere Jahre zu verfolgen. Unsere Erkenntnisse werden wir an entsprechender Stelle demnächst veröffentlichen und damit anderen Experten verfügbar machen. Eine der Arten ist die Rotflügelige Schnarrschrecke (Psophus stridulus). Mit Fang-Markierungs-Wiederfang-Untersuchungen konnten wir zeigen, dass mit einjährigen Untersuchungen die lokale Gefährdungssituation dieser Art nicht hinreichend genau beschreibbar ist.

Gleiches gilt für die Wanstschrecke (Polysarcus denticauda), deren Entwicklung wir in einem ihrer größeren Lebensräume nun schon im vierten Jahr verfolgen können. Hier ist die Entwicklung sogar obligat zweijährig. Eine rein einjährige Untersuchung könnte man als ökologischen "Kunstfehler" ansehen. Zumindest hätte man kein ausreichendes Bild über den Zustand dieser sehr seltenen Tierart in Deutschland.

Einschub

Der bekannte Schweizer Heuschreckenkundler Adolf Nadig jun. (1910-2003) stellte in seinem langen Leben fest, dass die Dichte der Heuschrecken seit seiner frühesten Jugend um den Faktor 100 (!) abgenommen habe. Anders gesagt: Wo zu der Zeit noch 100 Heuschrecken pro qm lebten, ist 2000 nur noch ein einziges Tier pro qm anzutreffen. Vermutlich lässt sich das auch auf andere Insektengruppen übertragen (z.B. Tagfalter). Das macht deutlich, dass die Individuendichten an Grenzen kommen, an denen das lokale Aussterben ganzer Artenkollektive nicht mehr unwahrscheinlich erscheint.